DER SCHÖNSTE
DER LÄNGSTE

Selten ist gefühlvoller in Deutschland gerappt worden. Gegen Rhymin Simon erscheinen selbst Xavier Naidoo und Glashaus wie Gossenpoeten. Liebe, Zuneigung und das Bedürfnis, echte Gefühle auszudrücken und zu vermitteln, sind der Antrieb des sympathischen Berliner Rappers. Er hat mit seiner Crew keine Berührungsängste vor einer weichen, fast möchte ich sagen: weiblichen Sprache. Er macht sich damit zur Avantgarde der Gendertheorie: Als hätte es nie einen Geschlechtergegensatz gegeben, besingt Rhymin Simon ... in Form größter Hochachtung die Anmut seiner Gespielinnen – sanftmütig poetisch nennt er sie Biatches – wohl eine Anlehnung an den anglo-amerikanischen Sprachgebrauch. Kein Bild zu warm, kein Reim zu weich, den er vorbringt – kurz, dieser Junge hat keine Angst vor Kitsch und Romantik. Und hier macht er geradezu kunstvoll einen Brückenschlag in Richtung Hochkultur, denn Neo-Romantik und Neo-Neo-Kitsch schmücken momentan die feingeistigen Salons dieser Republik. Man fragt sich allerdings besorgt, ob man mit so einer Jugend noch einen Krieg gewinnen oder zumindest die Fußballweltmeisterschaft für unser Land entscheiden kann. Und wenn sich der Visionaer und Preußenkoenig Friedrich der Große seinerzeit ob der Rohheit seiner Muttersprache weigerte, deutsche Dichtung zur Kenntnis zu nehmen – selbst Goethe und Schiller ignorierte er –, Rhymin Simon hätte ihn begeistert. Will sagen: Natuerlich ist Mr. Simon ein krasser Pornostyler mit beschränkten Skills und sein Humor sicherlich nicht jedermanns und insbesondere wohl nicht jederfraus Sache, aber selten war eindimensionaler Rap lustvoller.
k1ngpintin
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